Editorial 2/2022
Gerade auch im klinischen Alltag ist man auf die zuverlässige Energieversorgung angewiesen
Mit Corona ins Bett gegangen, im Krieg aufgewacht
Das Ende der Ära Merkel und der Beginn der Kanzlerschaft von Olaf Scholz kann man getrost als tiefe Zensur empfinden. Angelehnt an den berühmten Roman „Die Schlafwandler“ von Christopher Clark ist man versucht, die Ereignisse, die zum ersten Weltkrieg führten, in die Gegenwart zu übertragen. Noch vor wenigen Monaten ist in Deutschland niemand davon ausgegangen, dass in so unmittelbarer zeitlicher Nähe ein neuer Krieg mitten in Europa droht. Die Pipeline Nord Stream 2 wurde trotz aller Warnungen fertig gebaut – es herrschte Friede, Freude und… Naivität! Diese Pipeline wird wohl niemals Gas transportieren: 9 Milliarden Euro in den Sand der Ostsee gesetzt! Die USA und andere potenzielle Lieferanten von Flüssiggas freuen sich. Eine alte Weisheit aus der Betriebswirtschaftslehre besagt, man solle niemals mehr als 30 % von einem Lieferanten beziehen, alles andere führe zu einer pathologischen Abhängigkeit. Das Gegenargument früherer Jahre war „Wandel durch Handel“. Doch man sollte wissen: Putin hat seine eigene Sicht der Dinge.
Zurück in der Gegenwart stellen wir fest, dass unsere deutsche Bequemlichkeit basierend auf einem riesigen Außenhandelsüberschuss und der Globalsierung ein jähes Ende hat. Egal in welchem Bereich, man trifft überall auf gravierende Defizite. Offensichtlich haben wir jahrzehntelang geträumt und uns in der eigenen Größe gesonnt. Die Verteidigung, die Verkehrswege und auch die IT-Infrastruktur wurden über Jahrzehnte vernachlässigt, bei der Planung der berühmten Energiewende hat man schlicht die Grundversorgung und deren Gefährdung übersehen. Unser Wirtschaftsminister Robert Habeck hat das Verhalten der Vorgängerregierung diesbezüglich als „dämlich“ bezeichnet und damit die einseitige Abhängigkeit von Russland kritisiert.
Nun beginnt – noch in der Corona-Ära – eine neue Zeit der Herausforderungen: nicht nur für jeden Einzelnen, sondern auch für unsere Praxen und Kliniken. Wir alle sind auf Energie und deren pünktliche sowie zuverlässige Lieferung angewiesen – gerade im Zeitalter der Telematikinfrastruktur. Wir spüren die Preissprünge bei Benzin, Gas, Kohle und Strom, auch im Zusammenhang mit unserer ärztlichen Tätigkeit. Man braucht keine großen hellseherischen Fähigkeiten, um zu erkennen, dass der Gesundheitsbereich aufgrund starrer Gebührenordnungen auch diesmal eher zu den Verlierern als zu den Gewinnern der Situation gehören könnte. Es wird wieder auf den Einzelnen ankommen, sich in dieser Situation zu bewähren. Es gilt, durch Umbau und Erweiterung oder Straffung seines Leistungsangebotes, umsetzbare Wege aus dieser schwierigen Situation zu finden.
Wir Ärzte sollten natürlich auch das Schicksal der Geflüchteten aus der Ukraine nicht aus dem Auge verlieren. In diesem Bereich tragen wir eine besondere Verantwortung. In unserer Praxis haben wir zusammen mit dem Malteser Hilfsdienst e.V. vor einigen Jahren eine fachärztliche Spezialambulanz eingerichtet, um Flüchtlingen und Mittellosen bei medizinisch-dermatologischen Problemen zügig helfen zu können.
All dies beschäftigt uns, während die Inzidenzen neue Höchstwerte erreichen und sich der Bund, zugunsten der Länder und Gemeinden, bis auf wenige Basismaßnahmen aus der Verantwortung für die Pandemie zurückzieht. In der nächsten Zeit werden wir in fast allen unseren Schaffensbereichen neue, teilweise deutliche und gegebenenfalls auch harte, Antworten finden müssen. Staatliche Hilfe ist willkommen – allein darauf setzen sollte jedoch niemand.
Nichts ist mehr so, wie es einmal war. Aber vielleicht ist das auch eine Chance und gibt uns Energie für einen neuen Aufbruch – schauen wir nach vorne!
Ich wünsche uns baldigen Frieden, Glück und vor allem Gesundheit!
Mit freundlichem Gruß
Ihr
Dr. Matthias Herbst
Spezielle Informationen für Laien zum Thema Haut, Hautpflege und Kosmetik
ästhetische dermatologie & kosmetologie 5/2024
Themenschwerpunkte aus allen Bereichen der ästhetischen Dermatologie