Editorial 4/2020
Dermatologen müssen sich Herausforderungen stellen
Wirtschaftlich gesehen war das erste Halbjahr 2020 für uns Ärzte generell schwierig. Nachdem die ersten acht Wochen noch einigermaßen zu bewältigen waren, versiegte im März bereits bei vielen Kollegen zunehmend der Zustrom an Patienten. Der April führte schließlich zu einem deutlichen Einbruch. Gerade in dieser Jahreszeit, in der die meisten ästhetischen Leistungen erbracht werden, traf uns die Corona-Welle hart. Dazu kamen die von vielen Landesregierungen ausgesprochenen Verbote medizinisch nicht notwendiger operativer Eingriffe. Über die Auslegungen ließ sich offensichtlich trefflich streiten. Nicht alle Kollegen haben diese Bestimmungen gleichermaßen verstanden.
Der Sommer selbst ist von großer Unsicherheit bei unseren Patienten geprägt. Fernreisen wurden verschoben oder gestrichen, Ausflüge in das europäische Umland und in Risikogebiete finden teilweise statt, nicht alle sind in großer Sorge wegen des bestehenden Corona-Risikos. Niemand möchte andererseits als Patient in einem ausländischen Gesundheitssystem landen, in dem der hiesige medizinische Standard häufig bei Weitem unterschritten wird.
Corona-Auswirkungen zeigen sich für GKV-Praxen erst im Herbst
So haben die Arztpraxen zurzeit viel mit Aufarbeiten von abgesagten Patiententerminen aus der Corona-Frühphase zu tun. Das begann beim Hautcheck und setzte sich fort in den operativen Bereich bis hin zu unseren ästhetischen Leistungen. Die Auswirkungen werden die Vertragsarztpraxen spätestens im September und Oktober spüren, wenn die entsprechenden Abrechnungen des zweiten Quartals ins Haus schneien. Dieses Quartal wird aus heutiger Sicht den großen Einschnitt bringen. Die Privatpraxen mussten sich ohne das Kassenstandbein der GKV-Praxis über Wasser halten, was die Situation keinesfalls erleichtert. Betrachten wir die Vorgaben der Hygieniker, Epidemiologen und Virologen, so mag eine Privatpraxis mit einem Slot für 15 oder 20 Minuten pro Patienten aus hygienischer Sicht noch einigermaßen sicher über die Runden kommen, die große zentrale Versorgerpraxis in Stadtmitte muss sich schon räumlich und zeitlich einer echten Herausforderung stellen. Das bisherige Zeit- und Patientenmanagement muss in jedem Einzelfall neu überdacht werden.
Dazu gehört dann auch, dass die KVen keine Flickschusterei des ersten Halbjahres betreiben, sondern anerkennen, dass für jeden Patient jeweils mehr Leistung erforderlich ist – gerade im hygienischen Bereich, aber auch im Management – und dass zumindest ein Weniger an Patienten von einem Mehr an Honorar für deren Behandlung begleitet sein muss. Es sollte hier nicht eine Budget-Neutralität angestrebt werden, sondern ein echtes Plus, um den Aufwand in den Praxen abzubilden. Der Hygiene-Zuschlag 245 A im Privatbereich in der Höhe von knapp 15 € ist auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, bedenkt man die Investitionen, die in allen Praxen zur Herstellung der geforderten Hygiene und des veränderten Ablaufs notwendig waren. Insgesamt erfordert diese Problematik im Jahre 2020 und höchstwahrscheinlich auch 2021 ein geschlossenes, krisenfestes Konzept, um die Ertragsfähigkeit unserer Institutionen im klinischen und ambulanten Bereich beizubehalten.
Digitale Lösungen in fordernden Zeiten
Ich wünsche mir ein starkes und solidarisches Handeln nicht nur der Ärzteschaft, sondern insbesondere auch unseres Berufsverbandes mit den Landesverbänden. Die Zeit vor uns wird eine Herausforderung besonderer Art. Wir Dermatologen haben mit der Digital-FOBI im Juli unsere klassische Weiterbildungsveranstaltung mit laut den Veranstaltern über 2.600 Teilnehmern mustergültig umgesetzt und ein Zeichen gesetzt. Im Rahmen der FOBI Digital wurde auch der Beauty Care Preis 2020 – erstmals virtuell verliehen. Mit solch neuen Fortbildungsmodellen werden wir auch Herbst und Winter durchstehen. Die ADK bietet ebenfalls entsprechende Weiterbildungen inklusive Hygienekonzept an.
Hoffen wir alle auf ein Best-Case-Szenario, die Vorbereitungen für den Worst Case haben wir für den Notfall im Koffer. Eine gute Vorbereitung hat noch nie geschadet.
In Südhessen diskutieren wir aktuelle Themen des Praxismanagements übrigens regelmäßig online in unserem regionalen Qualitätszirkel. Dies hilft allen und kostet ohne Anreise weniger Zeit. Empfehlung: nachahmenswert!
Dass das Corona-Jahr 2020 in die Geschichte eingehen wird, darüber besteht wohl kaum ein Zweifel. Wichtig: Bleiben Sie gesund und erfolgreich!
Ihr
Dr. Matthias Herbst
Spezielle Informationen für Laien zum Thema Haut, Hautpflege und Kosmetik
ästhetische dermatologie & kosmetologie 5/2024
Themenschwerpunkte aus allen Bereichen der ästhetischen Dermatologie